Score-Wert: 22,5 (zentraler Kernwortschatz)
Geschichte
Es liegt nahe, dass der Wortschatz rund um die Phase des Sterbens in der Palliativmedizin ausgeprägter und differenzierter ist als in anderen medizinischen Disziplinen. Schon um 2000 existierten
verschiedene Bezeichnungen für das unmittelbare Lebensende bzw. die Sterbephase, verknüpft mit jeweils unterschiedlichen Bedeutungsspielräumen. In den letzten zehn Jahren kam es tendenziell zu
einer semantischen Schärfung und gegenseitigen Abgrenzung der Begriffe.
Bedeutungsspektrum in der Palliativmedizin
Der Eintritt in die Sterbephase wird von den Texten als ein Anlass zur Änderung von Therapiezielen aufgefasst. Sie bezeichnet dann den Übergang vom Einsatz lebensverlängernder Maßnahmen
hin zur Symptomenkontrolle und zur Steigerung der Lebensqualität. In Kontexten rund um die Sterbephase häufen sich Verben des Wahrnehmens, Fühlens und Interpretierens, und so ist der Eintritt in
die Sterbephase primär als eine Kategorie der äußeren Wahrnehmung aufzufassen. Ihr Erkennen, Identifizieren, Einschätzen oder Wahrnehmen ist ein zentrales Ziel
des multiprofessionellen Teams.
Die Terminalphase meint gewissermaßen eine Sterbephase im weiteren Sinne, die mit spezifischen Symptomen verknüpft ist: neben Flüssigkeitsmangel spielen vor allem
abnehmende Mobilität, Bettlägerigkeit, Schwächegefühl, zeitweiliger Verlust der Orientierung und abnehmendes Interesse (an Essen und Trinken) eine
wichtige Rolle. Auch Dehydrierung/Dehydratation, Mundtrockenheit, Schluckstörungen, Flüssigkeitsverlust, Erbrechen oder Durchfall
gehören zu den wichtigsten sprachlichen „Markern“ der Terminalphase.
Die Finalphase schließlich bezeichnet die Phase unmittelbar vor dem Eintritt des Todes. Häufig erwähnte Symptome sind Dehydratation, Dyspnoe bzw. Atemnot,
Obstipation, Übelkeit, Unruhe, Schmerz, Tumorschmerz. Insbesondere der Schmerz am Ende des Lebens nimmt eine wichtige Position in der unmittelbaren
Wortumgebung ein und ist als Kollokation dominant. In der Forschung besonders beachtet wurde die Finalphase bei Tumorerkrankungen (Kollokationen Malignomerkrankung, Tumor,
Krebs). Der gesteigerten Bedeutung der Symptomlast entsprechend kommt der Linderung das größte Gewicht in den Belegstellen zu.
Obwohl Terminalphase und Finalphase im Vergleich zu den anderen behandelten Begriffen meist konsistent und semantisch „trennscharf“ verwendet werden, existiert auch hier keine einheitliche
Definition. So variiert die angegebene maximale Dauer der Finalphase zum Teil stark von mehreren Tagen bin hin zu mehreren Wochen. Die Notwendigkeit für eine präzise Einteilung in
unterschiedliche Phasen und ihre Verankerung in spezifischen, beobachtbaren Symptomen wird anhand der Tatsache deutlich, dass Behandlungsentscheidungen auf Basis der individuellen Beobachtung von
Symptomen durch den Arzt getroffen werden. Diesen Beobachtungen kommt angesichts der möglichen Konsequenzen für die Patienten eine hohe ethische Relevanz zu.
Kollokationen: Willensbildung, Sedierung, schwerstkrank, Schwäche, Flüssigkeitssubstitution, Lungenrasseln, friedvoll, Delir, Sauerstoffgabe, Dehydratation, Schmerz, Mundtrockenheit, Dyspnoe, Obstipation, Übelkeit, Unruhe, Angst, Sterbeprozess, Schmerztherapie, Opioid, Tumor, Krebs Therapiezieländerung, Sterbenlassen, Patient, Begleitung, Ritual, Abschied, Malignomerkrankung.
Feststehender Begriff: Nein. Die drei häufigen Wörter erfüllen jeweils unterschiedliche Funktionen bzw. umfassen eigene semantische Sphären. Terminalphase und Finalphase sind begrifflich augenscheinlich deutlich und bewusst voneinander abgegrenzt: beide Phasen folgen zeitlich aufeinander, die Wörter werden zumeist als Begriffspaar gebraucht.
aus: Joachim Peters, Maria Heckel, Christoph Ostgathe (2020): Schlüsselbegriffe in der Palliativversorgung. Online-Handbuch. abrufbar unter https://www.uker.de/pm-handbuch